In allen kirchlichen Zeitschriften und Online-Magazinen wird momentan von Tauffesten, Pop-Up-Hochzeiten und anderen Aktionen berichtet. In Frankfurt und Offenbach ist mit MainSegen eine Initiative von 21 Pfarrer:innen gestartet; inzwischen hat die Dekanatssynode die Einrichtung einer Pfarrstelle beschlossen. Wie andere Kasualagenturen, Dekanate oder auch Kirchengemeinden bietet MainSegen große Feste (MainTaufFest), öffentliche Segensaktionen (z. B. Valentinssegen) und individuelle Segensfeiern auf Anfrage an.
Anders als die bekannten und größeren Agenturen, wie z. B. st. moment in Hamburg und das Segensbüro in Berlin, baut MainSegen bisher allein auf die Kooperation von Pfarrer:innen in Offenbach und Frankfurt mit Unterstützung des Stadtdekanats. Dabei war der Besuch des Berliner Segensbüros bei einer Fortbildung die Initialzündung für einen großen Teil unseres Teams. Die Kreativität und Begeisterung der Pfarrerinnen dort hat uns angesteckt. Die Arbeit, die dort gemacht wird, entspricht dem, was wir in der Gemeinde auch machen: taufen, trauen, bestatten, segnen; zuhören und Segen zusprechen; Rituale erarbeiten und ausführen.
Der Unterschied ereignet sich in Form und Raum. Beides ist in Parochialgemeinden für verbundene Gemeindemitglieder vertraut, für weniger verbundene Mitglieder oder einfach interessierte Menschen aber oft fremd und unverständlich.
Kasualagenturen bieten die Möglichkeit, fern der kulturell und traditionell eingeübten Praxis der Parochie Segenshandlungen individueller, unkomplizierter und damit oft auch passender umzusetzen, in einem Rahmen, der uns Pfarrpersonen oft auch selbst anspricht.
Bei einem Pfarrkonvent haben wir die Probe gemacht: Alle, die eine Kasualie schon mal individuell nach eigenen Wünschen gestaltet für sich in Anspruch genommen hatten, durften sich setzen. Stehen blieben wenige.
Natürlich steckt dahinter eine Eventisierung der Kasualie. Menschen wünschen sich bestimmte Formen, die Taufe im fließenden Wasser, die Trauung unter freiem Himmel oder direkt am Ort der Feier. Als Theolog:innen müssen wir in der Lage sein, verschiedene individuelle Formen zu finden und tragen dabei Verantwortung, dass der Inhalt des Ritus sinnvoll vermittelt wird.
Manche engverbundenen Gemeindemitglieder und auch Pfarrer:innen befürchten, dass Initiativen wie MainSegen Gemeinde ersetzen wollen. Das denke ich nicht. Ich taufe in meiner Gemeindearbeit nach wie vor Kinder im Sonntagsgottesdienst, weil es Eltern gibt, die sich das wünschen, während andere lieber im Kirchgarten mit der Familie an einem Samstagnachmittag zusammenkommen, und wieder andere die Form des großen Festes suchen, bei der man nicht einer fremden Gottesdienstgemeinde vorgezeigt wird.
Wir brauchen die Ortsgemeinden für all diejenigen, die christliche Gemeinschaft vor Ort leben wollen. Auch den Taufeltern, die ihr Kind auf einem großen Fest haben taufen lassen, wollen wir den Ort nennen können, an dem sie später in den Familiengottesdienst gehen können, wenn sie möchten.
Andere werden sich lieber an die Person wenden, von der sie getauft wurden. Oder aber lange gar nicht mehr auftauchen. Es sind Gelegenheiten, bei denen Menschen die Berührung mit der Kirche suchen. Und diese Gelegenheiten wollen wir ergreifen.
Die Menschen, die sich melden, haben oft ein seelsorgerliches Anliegen. Sie wünschen sich Stärkung für eine schwierige Situation, ein kleines Ritual für einen Übergang, eine kleine Segensfeier zum Dienstjubiläum, aber auch in einem Trauerprozess.
Mein Eindruck ist, dass die Arbeit für MainSegen auch in die Gemeindearbeit hineinwirkt. Denn manches, was über MainSegen angefragt wurde, haben wir in der Gemeinde schon gemacht – nur haben sich bisher oft nur diejenigen getraut zu fragen, die die Pfarrerin kennen. Und umgekehrt probieren wir mit MainSegen Ideen aus, die man auch in den Gemeinden umsetzen kann: ein Segensstand auf dem Adventsmarkt, die etwas andere Trauerfeier in einer Kleinstgruppe, über die ich mit der Tochter einer 100-jährigen noch zu deren Lebenszeiten gesprochen habe. Unsere Arbeit wird dadurch vielfältiger.
Wir machen das, was wir auch in der Gemeindearbeit tun. Aber wir bieten es offensiver für die Menschen an, denen die übliche Sprache und Logik der Parochialgemeinde unbekannt ist. Zumindest in der Stadt wissen viele Menschen nicht mehr, zu welcher Gemeinde sie gehören.
Ansprechpersonen zu finden, erfordert eine Menge Klicks und Geduld auf den unterschiedlich gestalteten Gemeindewebsites. Aber selbst, wenn man die Person findet und sie sich für zuständig erklärt, kann es sein, dass in der jeweiligen Gemeinde nicht die Form angeboten wird, die man sich als Eltern für die Taufe des Kindes oder für die eigene Trauung wünscht.
Die Website zeigt mit Bild, Kurzbeschreibung und Kontaktdaten die Ansprechpersonen für Segenshandlungen durch die evangelische Kirche in Frankfurt und Offenbach. Das Ziel ist es, dass Menschen leicht und unkompliziert eine Ansprechperson finden. Deshalb haben wir als erstes Projekt die mainsegen.de-Website erstellt.
Wer sich an eine Pfarrperson von MainSegen wendet, muss übrigens nicht vorweisen, ob sie oder er Gemeindemitglied ist. Natürlich kreuzen wir hier ein Thema, das wir an anderen Stellen auch besprechen, die Frage nach der Mitgliedschaft. Allein innerhalb unseres Teams haben wir darüber heftig diskutiert. Geld dürfen wir nicht verlangen.
Um eine Spende können wir bitten, und die Erfahrung zeigt, dass danach auch gefragt wird. Ich selbst kann sagen: Ich verstehe die Kirchensteuer nicht als Vereinsbeitrag, für den ich eine entsprechende Leistung bekomme. Wer Mitglied ist und dafür auch einen finanziellen Beitrag leistet, unterstützt solidarisch die vielen Angebote der Kirchen, auch diejenigen, die einem selbst nicht zugutekommen.
Den Segen für das Leben zusprechen, für die Zukunftsträume, die schweren Zeiten und den kleinen Moment, das sollte nichts kosten. Genauso wie Ort, Form und Gelegenheit ist die Frage nach der Mitgliedschaft ein Thema, das wir diskutieren.
Es sind aber Themen der Kirche, die auf Kirchenleitungsebene, in Synoden und natürlich begleitet durch die rechtlichen Abteilungen diskutiert und entschieden werden müssen. Man könnte also auch sagen, Initiativen wie MainSegen proben die Zukunft der Kirche. Unsere Erfahrungen geben wir weiter, in die Gemeinden und in die kirchenleitenden Gremien.