Kirchenpräsident Dr. Volker Jung zum Abschluss seines Dienstes
Sie sind der fünfte Kirchenpräsident der EKHN nach Martin Niemöller. Anspruch, Verpflichtung oder wie losgelöst davon konnten Sie arbeiten?
Die Person Martin Niemöllers hat in der EKHN sicherlich eine große Rolle gespielt, er hat viel bewirkt. Er hat sie als politisch wache Kirche geprägt. Dies hat in meiner Arbeit tatsächlich eine Rolle gespielt. Es war aber weniger seine Person, vielmehr seine Prägung dieser Kirche.
Als Sie Ihr Amt antraten, wollten Sie der Pfarrer für die Pfarrer:innen sein. Haben Sie den Eindruck, dass Ihnen dies gelungen ist?
In meiner Bewerbungsrede vor der Synode 2008 hatte ich damals formuliert: „Ich möchte als Pfarrer Kirchenpräsident und als Kirchenpräsident Pfarrer bleiben“. Ob das gelungen ist, müssen andere beurteilen.
Mein Anspruch war stets, das Kirchenpräsidentenamt als besonderen Pfarrdienst zu verstehen, eben in Leitungsfunktion. Das ist für mich eine Frage der Haltung: Wie sehr ist der Dienst als Pfarrer in dieser Leitungsfunktion präsent? Das bedeutete zum Beispiel, auch immer wieder Gottesdienste zu halten, zu predigen, für Menschen da zu sein, zuzuhören.
Wie im Pfarrdienst wollte ich dafür sorgen, dass unsere Kirche lebensbegleitend für Menschen da ist und gesellschaftlich präsent bleibt. Das war mein Anspruch. Noch immer werde ich übrigens auch direkt als Pfarrer angefragt; im Jahr 2024 habe ich drei Paare getraut.
Ich habe mir auch immer wieder persönlich die Frage gestellt: Kann ich mir vorstellen, wieder in einer Gemeinde zu arbeiten? Weil ich dazu immer Ja sagen konnte, gab mir dies Freiheit und Kraft. Ich werde sicherlich auch im Ruhestand den Talar nicht an den Nagel hängen. Mit einer Pause von etwa einem halben Jahr werde ich, wenn ich gefragt werde, hier und da wieder Gottesdienste halten und vielleicht auch Vertretungsdienste übernehmen. Im Ruhestand das zu tun, was mich auch vorher erfüllt hat, wäre doch schön.
Welche Entscheidungen der Synode waren für Sie persönlich problematisch bzw. schwierig?
Alle Entscheidungen der Synode, die eine mögliche Reduktion betrafen oder die unser Engagement in bestimmten Bereichen beendeten, taten weh. Denn in jedem unserer vielen Arbeitsbereiche wird etwas Sinnvolles gemacht.
Meistens haben Menschen mit viel Engagement gearbeitet und oft über Jahre die Arbeit entwickelt und gestaltet. Oft hing das Herz daran: dies trotzdem zu beenden, ist schmerzhaft. Alle Entscheidungen, die uns zwingen, zu reduzieren – gerade auch vor Ort in den Gemeinden – sind ganz schwierig zu treffen.
Manches hätte ich mir persönlich anders gewünscht. Ein Tagungshaus wie Schönberg zu schließen, wo ich selbst viele tolle Erfahrungen in Fortbildungen gemacht habe, war schwierig. Beim Kloster Höchst habe ich am Ende nochmals für ein Umdenken plädiert. Die Synode hat dann anders entschieden. Gerade deshalb bin ich froh, dass wir Kloster Höchst jetzt an das Jugendherbergswerk verpachten können.
Wie sind Sie mit Entscheidungen umgegangen, in denen Sie persönlich anders entschieden hätten?
Es ist immer mal wieder vorgekommen, dass Leitungsgremien wie die Kirchenleitung anders entschieden haben als ich selbst. Es bleibt dennoch meine Aufgabe, solche Beschlüsse zu vertreten.
Ein Beispiel: Die Entscheidung, im Waldstadion in Frankfurt die halbe Pfarrstelle aufzugeben, hätte ich mir anders gewünscht. Auch angesichts der ausgezeichneten Arbeit von Pfarrer Eugen Eckert gab es Gründe für die Entscheidung, die nichts mit seiner Person und seiner Arbeit zu tun haben. Wie es überhaupt viel gute Arbeit gibt, die aber in der Gesamtbetrachtung dennoch anders priorisiert wird.
In den Debatten habe ich versucht, mich für das eine oder andere einzusetzen, Positionen markiert, aber mein Grundsatz war: Ich entscheide nicht allein und werde nicht irgendwelche Dinge aus möglichem Eigeninteresse durchdrücken.
Schätzfrage: Wie viele Briefe an Pfarrer:innen haben Sie unterschrieben?
Wohl weit über 5.000 – als Geburtstags-, Glückwunschbriefe und persönliche Karten. Das war auch bedingt durch die zuletzt vermehrten Ruhestandsversetzungen.