
Pfarrdienst im Wandel
Wie wird der Pfarrdienst zukunftsfähig? Dies ist in den letzten Jahren eine immer lauter werdende Frage. Nicht zuletzt durch stark zurückgehende Studierendenzahlen und der Pensionierung der sogenannten Boomer-Generation. Auch durch die Debatten in der Synode, wie auch den Quereinstiegsmöglichkeiten in den Pfarrdienst. Letztere sind aus meiner Sicht eine Bereicherung des Pfarrdienstes, da sie durch ihre Erfahrung aus anderen Bereichen wertvolle Perspektiven in den Pfarrdienst und die Verkündigung des Evangeliums einbringen. Aber eine Frage, die dabei auch wichtig ist:
Wie kann der Pfarrdienst weiterhin attraktiv oder wieder attraktiver für junge Menschen werden, die gerade ihr Abitur abgelegt haben und nun an die Universitäten gehen? Denn diese jungen Menschen, die Perspektive dieser Generationen, sind aus meiner Sicht unerlässlich für die Zukunft der Kirche, da sie die Ideen und Visionen ihrer Generationen in die Theologie einbringen wollen und werden.
Was braucht es, dass diese jungen Menschen sich wieder auf das Studium einlassen? Ein Patentrezept kann ich nicht bieten. Im Pfarrerausschuss haben wir einige Themen im Blick, die wir in der nächsten Zeit angehen wollen.
Öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis – Privatrechtliches Dienstverhältnis
Die von der EKKW, aber auch von der EKiR aufgegriffene Debatte um die Abschaffung des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses hin zu einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis ist kein neues Thema, bekommt aber in letzter Zeit eine neue Dynamik. Ich bin ein Verfechter der Beibehaltung des Beamtenverhältnisses. Das Beamtenverhältnis besitzt selbstverständlich Einschränkungen, aber auch Absicherungen, die eine nicht bestreitbare Attraktivität besitzen, wie etwa die Möglichkeit des Wartestandes. Gerade für langfristig erkrankte Pfarrpersonen besitzt der Wartestand eine Sicherung, welche es im privatrechtlichen Dienstverhältnis so nicht gibt. Der Wartestand bietet die Möglichkeit, bei reduzierten Bezügen seine Krankheit so weit wie möglich auszukurieren, ohne Sorgen um die finanziellen Aspekte des Lebens zu haben.
In einem Angestelltenverhältnis endet die Lohnfortzahlung nach sechs Wochen und die Krankenkasse zahlt das Krankengeld aus, welches deutlich niedriger liegt. Die Folge ist vor allem bei langfristigen Erkrankungen, dass Familien in Existenznöte kommen können. Eine weitere Stärke des Beamtenverhältnisses: die schwere Kündbarkeit. Mit dem Beamtenverhältnis wird jungen Leuten zwar eine gewisse Flexibilität genommen, gleichzeitig wird aber ein sicheres und äußerst schwer kündbares Dienstverhältnis geboten. Demgegenüber sollte es aber meines Erachtens für Menschen, die nicht in den Beamtenstatus genommen werden können, die Möglichkeit geben, in ein Angestelltenverhältnis zu kommen.
Hierzu wäre es begrüßenswert, wenn in der EKHN die Zahlen transparent gemacht werden und dafür gesorgt wird, dass die Gehaltszahlung möglichst gleich gestaltet wird. Für unerlässlich halte ich es, dass die EKHN ein Gesetz zur Anstellung von Pfarrer:innen verabschiedet, in welchem sowohl die Bezahlung als auch die Rechte und Pflichten der Pfarrpersonen zur Anstellung niedergeschrieben sind.
Die bisherigen Regelungen sorgen immer wieder für Nachfragen und Unsicherheiten und sollten daher klar formuliert werden. Gemeinsam sollte aber sein, dass in der Dienstwahrnehmung und vor allem in der Bezahlung Pfarrpersonen im Beamtenverhältnis und Pfarrpersonen im Angestelltenverhältnis gleichgestellt werden. Was nicht akzeptabel wäre, ist ein Lohndumping. Eine schrittweise Absenkung des Gehalts ist abzulehnen. Für die Attraktivität eines Berufes ist eine gute Bezahlung unerlässlich.
Direkte oder indirekte Gehaltskürzungen, wie sie schon oft genug geschehen sind, sind aus meiner Sicht inakzeptabel und nicht förderlich zur Gewinnung von Personen für den Pfarrberuf. Auch in Fragen der Kündbarkeit der Pfarrer im Angestelltenverhältnis sollten Sicherungsmaßnahmen eingebaut werden, damit man sich ihrer nicht durch Kündigungen leicht entledigen kann.
Attraktivität für junge Familien
Doch nicht nur das Gehalt ist ein wesentlicher Faktor, sondern auch die Möglichkeiten, eine Familie zu gründen und für diese da zu sein. Dies ist besonders im Pfarrberuf, der eine ständige Sichtbarkeit mit sich bringt, ein Balanceakt. Gerade die Lebensförmigkeit, die der Pfarrberuf bis heute mit sich bringt, wirft die Frage auf, wie Elternzeit auch wirklich als Elternzeit gestaltet werden kann, wenn dies von den Elternteilen gewünscht wird. Da die Dienstwohnungen an unseren Dienst gekoppelt sind, ist es derzeit nicht leicht möglich, während der Elternzeit ohne Dienstwahrnehmung in selbigen zum steuerwerten Vorteil zu wohnen. Gerade in Dienstwohnungen gibt es hier oft die Lösung, dass ein mindestens 10%iger Dienstanteil wahrgenommen werden muss, damit die Dienstwohnung über den steuerwerten Vorteil weiter bewohnt werden kann und nicht eine Entschädigung gemäß §14 Abs. 3 PfDWVO gezahlt werden muss.
Hier wäre es gut, wenn die Kirchenverwaltung praktikable Lösungen mit den Finanzämtern absprechen würde, die auch während der Elternzeit eine Bewohnung der Dienstwohnung zum steuerwerten Vorteil ermöglichen.
Es ist erfreulich, dass die Kirchenverwaltung 2024 als familienfreundlicher Arbeitgeber ausgezeichnet wurde. Es wäre noch erfreulicher, wenn dies auch für Elternzeiten der Pfarrpersonen im Gemeindedienst gelten würde. Denn auch wenn der Gesetzgeber festhält, dass jeder Elternteil einen Anspruch auf bis zu drei Jahre Elternzeit hat und diese auch in der Theorie von jeder Pfarrperson genommen werden kann, gibt es in der Praxis Einschränkungen. So verlieren Pfarrpersonen, die über 18 Monate Elternzeit am Stück nehmen wollen, die Inhaberschaft ihrer Stelle und müssten sich nach dieser Zeit um eine neue Pfarrstelle bewerben.
Im Rahmen der Familienfreundlichkeit sollte hier eine Modernisierung gefunden werden. Gerade durch die multiprofessionellen Teams, die für einen gesamten Nachbarschaftsraum zuständig sind, sollten hier Möglichkeiten gefunden werden.
Die Zukunft des Pfarrberufs nun attraktiv gestalten
Mir ist bewusst, dass die von mir angerissenen Themen erweitert werden können; der Pfarrerausschuss freut sich über Hinweise, was auf den Prüfstand kommen sollte, um die Attraktivität des Pfarrberufs zu verbessern. Wichtig ist hierbei auch immer eine realistische Abwägung zwischen dem, was sich gewünscht wird, und was wirklich umsetzbar ist.
Jedoch bin ich der Überzeugung, dass jetzt einer der besten Zeitpunkte ist, viele Stellschrauben im Pfarrberuf nachzujustieren, damit junge Leute wieder vermehrt motiviert werden, den Pfarrberuf zu ergreifen, da die Rahmenbedingungen attraktiv sind.